📖 Aus Albanien / Bulgarien, Serbien und Kroatien
Einleitung Der Titel «Balkanmärchen» entspricht nicht ganz dem geographischen Gebiet, aus dem die Märchen dieses Bandes stammen. Es fehlen darin von den Völkern der Balkanhalbinsel die Griechen, Aromunen (Zinzaren, Mazedowlachen) und Türken, und mit der Aufnahme von Märchen aus Kroatien wird die Balkanhalbinsel überschritten. Enthalten sind in diesem Bande also nur s e r b o k r o a t i s c h e , b u l g a r i - s c h e und a l b a n i s c h e Märchen. Eine Auswahl aus den Märchen der Serbokroaten, Bulgaren und Albaner so zu treffen, daß für jedes Volk etwas dem Stoffe oder der Form nach Eigentümliches herauskommt, ist kaum Möglich. Die Völker der Balkanhalbinsel grenzen eng aneinander, die Sprachgrenzen durchkreuzen sich z.T. so, daß Wanderungen der Märchen von einem Volk zum andern notwendig stattfinden müssen. In Mazedonien z.B. wohnen Bulgaren, Serben, Albaner, Aromunen, Griechen und Türken neben- und durcheinander. Zweiund mehrsprachige Menschen gibt es daher eine große Menge; solche vernehmen Erzählungen in einer ihnen geläufigen Sprache und erzählen sie weiter in einer ihnen ebenso bekannten, in deren Gebiet die Märchen dann weiter von Mund zu Mund verbreitet werden. Dazu kommt, daß die Bekenner des Islam unter den Serben, Bulgaren und Albanern in enger Verbindung mit ihren orientalischen Religionsgenossen stehen, und daß ein islamitisches Volk, die T ü r k e n , ein halbes Jahrtausend auf der Balkanhalbinsel geherrscht hat. Dadurch ist der orientalische Märchenschatz dorthin gelangt. Das zeigt sich häufig noch in der Beibehaltung türkischer Wörter und in der orientalischen Färbung? was Sitten und Lebensanschauungen betrifft. Neben diesem mächtigen Einfluß kommen aber noch andre Beziehungen in Betracht.