📗 Wolf Graf von Baudissin, der spätere Vater der Inneren Führung der Bundeswehr, war bereits im April 1941 in Afrika in Kriegsgefangenschaft geraten und wurde noch im September nach Australien verlegt. Dadurch war er weitestgehend von Nachrichten aus der Heimat abgeschnitten. Selbst die sogenannten "23-Zeilen-Briefe" hatten nicht nur das Handicap, dass sie z.T. fünf Monate unterwegs waren, sondern auch dass sie beim Sender wie beim Empfänger unter die Zensur fielen, ausgeschnitten wurden oder gar nicht den Empfänger erreichten.
Dennoch hatte Baudissin in der Gefangenschaft durch die britischen Medien früh vom Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 erfahren. So schrieb er bereits am 13.08.1944 an seinen Vater: "Die letzten Wochen haben mich ungeheuer bewegt, wie Du Dir denken kannst. Es hängen allzuviel persönliche Bindungen mit den Ereignissen zusammen." Und in einem weiteren Brief vom 26.11.1944 deutet er Konsequenzen im Sinne einer persönlichen Verpflichtung gegenüber dem Vermächtnis des Widerstandes an: "Auch ich habe ja eine erschreckend hohe Zahl von Freunden und Vettern, die ich nicht mehr wiedersehen werde , aber das ist nun wohl unser Vorrecht in derartigen Momenten unseres Volkslebens. Von welchem Einfluß das Fehlen - und doch Gegenwärtig-Sein - all dieser für die Zukunft allgemein und für einen selber sein wird, kann ich mir nicht recht vorstellen. Mir scheint nur absolut sicher ihr Weiterwirken im übertragenen Sinn, das heißt über uns Weiterlebende." Und am Tag der Kapitulation schrieb er: "Heute habe ich meiner Arbeitsgemeinschaft einige eigne Gedanken zu den letzten Ereignissen vorgetragen, was nicht ganz einfach. Bin aber froh, eben in einer hier zitierten Rede von Schwerin-Krosigk sehr ähnliche Gedanken zu finden."