📘 Inhaltsangabe:Einleitung: Die Interpretationen zum Schloss, Franz Kafkas letztem großen Werk, sind vielfältig und keine kann für sich beanspruchen, dass sie die einzige Wahrheit des Romans gefunden hat. Einer der ersten Ansätze überhaupt ist die Betrachtung des Romans aus einer theologischen Perspektive heraus, die durch Max Brod, Kafkas Freund und ersten Gesamtherausgeber, eingeleitet wird. Brod ist der Meinung, dass die Instanz des Schlosses mit der göttlichen Gnade in Verbindung gebracht werden könne und dass den Geschehnissen im Dorf ein durch das Göttliche gelenktes Schicksal innewohne. Dieses Schloß, zu dem K. keinen Zutritt erlangt, dem er sich unbegreiflicherweise nicht einmal richtig nähern kann, ist genau das, was die Theologen Gnade nennen, die göttliche Lenkung menschlichen Schicksals (des Dorfes), die Wirksamkeit der Zufälle, geheimnisvollen Ratschlüsse, Begabungen und Schädigungen, das Unverdiente und Unerwerbliche, das Non liquet über dem Leben aller. Somit wären im Prozeß und im Schloß die beiden Erscheinungsformen der Gottheit (im Sinne der Kabbala) - Gericht und Gnade dargestellt. An Brod schließen sich noch viele weitere theologische Deutungsansätze an, über die später Heinz Politzer zusammenfassend schreibt: Alle diese Deutungen widersprechen einander, zeigen jedoch gerade in ihrem Widerspruch die irisierende Natur von Kafkas Visionen auf; er wirft als Spiegel die Ängste und Nöte dessen zurück, der von seinem Werk ereilt worden ist. Wo die...