📕 Seit es Filme gibt, hat sich an ihnen die Sorge von Pädagogen und Politikern entzündet, die Psyche der jugendlichen Zuschauer könne Schaden nehmen, wenn sie mit der Darstellung von Gewalt und Brutalität in Kontakt komme. Solche Befürchtungen haben durch den Videoboom neue Nahrung gefunden. Die ethographische Analyse von jugendlichen Video-Cliquen zeigt jedoch, daß die angeblichen "Videoten" in Wirklichkeit eine höchst aktive Gruppe der filmästhetischen Spezialisierung und jugendkulturellen Formierung darstellen. Inweitestgehend von elterlichen Kontrollen abgeschotteten Rezeptionsenklaven werden in lockerer und ausgelassener Atmosphäre Filmkompetenzen und Erlebnisstile erlernt, erprobt und kanonisiert. Video-Sessios sind ein kollektives Happening, bedeuten Spaß, Unterhaltung und Ablenkung. Sie sind Orte der Außeralltäglichkeit und kleine Fluchten aus dem banalen Alltag und der rationalitätsüberwuchernden Schul- und Berufswelt, sie sind letzlich eine neue, postmoderne Form medialer Ventilsitten.