📓 In einem großen Teil der ausgedehnten westlichen Literatur über sowjetische Ange legenheiten ist in den letzten Jahren in zunehmendem Maße erkannt worden, daß ein Wandlungsprozeß innerhalb des Sowjetsystems im Gange ist. In der Politik, Diplomatie, Wirtschaft, Erziehung, Kultur, der Wissenschaft und in militärischen Dingen - um nur einige Gebiete zu nennen - hat es Zeichen der Wandlung und der Anpassung an neue Gegebenheiten gegeben, als das Sowjetsystem aus der Stalin Ära in diejenige Chruschtschows überging. Gewiß sind sich westliche Beobachter der sowjetischen Verhältnisse in keiner Weise einig über die Natur dieses Wand lungsprozesses oder die Richtung, die er nimmt. Man kann sehr verschiedene An sichten über gewisse grundlegende Fragen finden. So wird beispielsweise die Auffassung vertreten, daß die Sowjetunion sich allmäh lich zu einer Gesellschaftsform entwickelt, die in vielen grundlegenden Gesichts punkten jenen modernen Gesellschaftsformen ähnlich ist, wie sie in der westlichen Welt durch die Phänomene, die die Industrialisierung und Verstädterung beglei teten, hervorgerufen wurden. Diese Theorie der Angleichung wird von einer anderen verworfen, derzufolge sich das sowjetische System auf eigene 'Veise - sui generis - nach Grundsätzen fortentwickelt, die eine Verschmelzung mit der west lichen Welt zu einer gemeinsamen politischen und sozio-ökonomischen Form un wahrscheinlich machen.