📓 1m letzten Jahrzehnt seines Lebens hatte Max Miiller die nach der Emeritierung begonnene Niederschrift seiner "Erinnerungen" abgeschlossen und qualte sieh mit Uberlegungen, ob er sie selbst noch veroffentlichen solIe. Auch seine Freun de wuBten keinen Rat. Was sie lasen, war etwas anderes als die gerade in diesen Jahren erschienenen Autobiographien, mit denen sieh andere Vertreter des Fa ches einem breiteren Publikum durch literarische Gewandtheit, temperament volle Selbstdarstellung, interessante Lebenslaufe und merkwiirdige FaIle emp fahlen. Es war der eher schmucklose Bericht iiber das halbe Jahrhundert eines von einem unverstellt-kraftvollen Temperament in natiirlicher Weltoffenheit ge lebten, aber zugleich selbstkritisch-eigenwillig und mit zweiflerischer Sensibilitat reflektierten Lebens - ein Bericht, der iiber die psychiatriegeschichtliche Aus gangsperspektive hinaus ein halbes Jahrhundert Zeitgeschichte erfaBt hatte. In dem umfanglichen Manuskript waren Informationen festgehalten, die nieht ver lorengehen durften. Man konnte aber auch die Stiirme voraussehen, die sich ge gen den Autor, dessen auf eigene Schwachen und Fehler gerichtete Offenherzig keit und gelegentliche Unverbliimtheit andere noch lebende Zeitgenossen nicht aussparte, bei einer Veroffentlichung erheben wiirden. Tilgen, zudecken und schonen wollte er nieht. Uber dem Hin und Her der Diskussion ist das fiir die Kenntnis der Psychiatrie seit dem Ende des ersten Weltkrieges wichtige Manu ...