📖 Die Generation der um 1930 Geborenen wurde vom Krieg ihrer sorglosen Kindheit beraubt und davon im Denken, Handeln und Fühlen lebenslang geprägt. Dieses Buch verleiht ihr eine so wortmächtige wie sensible Stimme. Hanna Berg erzählt von Kindheit und Jugend im "Dritten Reich" in einer württembergischen Kleinstadt, vom Leben als junge Ehefrau und Mutter im München zur Wirtschaftswunderära, von ihren Erfahrungen als Auswanderin in die Schweiz - und von Vätern, Ehemännern und politischen Machthabern, die Lebenszeit stehlen und Lebensfreude nehmen, mit einem Wort, von Zeitraffern.
In Anekdoten des Alltags spiegelt die Autorin vier Jahrzehnte deutscher Geschichte. Sie berichtet aus einer Zeit, in der Prügelstrafen in Schule und Elternhaus noch an der Tagesordnung waren, und erzählt von den Schwierigkeiten des Verliebens unter den Argusaugen kleinstädtischer Sitte und Moral. Sie zeigt, was es hieß, sich als junge berufstätige Frau durchzusetzen - gegen Chefs wie gegen den Gatten - , und entwirft eine lebhafte Skizze von Lebens- und Arbeitswelten in Deutschland und der Schweiz von den 1950er bis zu den 1970er Jahren. Sie berichtet von der Erfahrung, als Einwanderin in ein fremdes Land den Vorurteilen Einheimischer ausgeliefert zu sein. Und anhand der Begegnung mit einem Amerikaner jüdischen Glaubens schildert sie, wie die Schatten deutscher Geschichte ihre Generation immer wieder einholen.
"Kein Mensch darf sich einbilden, dass er etwas Besseres sei. Denn niemand sucht sich seine Eltern selbst. Es ist reiner Zufall, wo und von wem man geboren wird." Mit diesen Worten leitet Hanna Berg ihre große biografische Erzählung ein, und sie prägen ihre Sicht der Dinge und ihre Haltung in jedem Lebensabschnitt - eine Zeitzeugin, bei der sich Genauigkeit des Blicks und Zurückhaltung im Urteil verbinden und die bei allem selbst erlebten Leid ihr Einfühlungsvermögen für andere Menschen bewahrt. Ein bewegendes Buch, das Zeitgeschichte erlebbar und nachfühlbar macht.