📕 Die Piratenpartei hatte bei den letzten Wahlen überraschende Erfolge zu verzeichnen. Sympathisch kommen sie daher mit konsensfähigen Forderungen. Sie sprechen von Freiheit, Transparenz und der Beteiligung aller an politischen Entscheidungen. Doch was so neu klingt, ist eine logische Folge der Entwicklung der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland, in der es von Beginn an ein Tauziehen zwischen basisdemokratischen Bedürfnissen und der Notwendigkeit einer repräsentativen parlamentarischen Vertretung gab. Fritz E. Gericke stellt das aktuelle politische Phänomen in einen geschichtlichen Zusammenhang. In seiner pointierten und informativen Skizze der Geschichte der demokratischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland wird deutlich, wie sich die heutige Parteienlandschaft so formte, dass die vage formulierten politischen Versprechen der "Piraten" auf große Resonanz treffen können. So werden ihre scheinbar revolutionären Ideen relativiert, indem besonders die bewegte politische Nachkriegszeit und die Phase der Vereinigung der beiden deutschen Staaten als Probierfelder sichtbar werden, auf denen bereits entsprechende Tendenzen verhandelt wurden.
Dabei hat der Autor uneingeschränkte Sympathie für den politischen Streit und die Beteiligung aller daran, doch nicht zuletzt aufgrund eigener Erfahrungen sowohl mit dem Nazi-Regime als auch mit dem System der DDR regen sich bei ihm begründete Zweifel an Basisdemokratie in ihrer absoluten und reinen Form. Klarsichtig, mit Skepsis gegenüber der politischen Klasse, aber mit leidenschaftlichem Appell für politisches Eintreten wird hier appelliert, das Bedürfnis nach politischer Partizipation ernst zu nehmen, aber immer sein Extrem, eine mögliche "Diktatur der Masse", mitzudenken.