📓 Mit der Ausbreitung des Buddhismus verbreiteten sich auch indische Marchen- und Legendenmotive, die schnell zu einem gemeinsamen Besitztum der Volker in Sud-, Zentral- und Ostasien wurden und so in die nationalen Volkskulturen eindrangen, dass es oft nicht moglich ist, das Ursprungsland von Figurenkonstellationen und Handlungsmustern anzugeben. Haufig verbanden sich die traditionellen Motive mit dem Leben und Wirken des Religionsstifters Buddha, so dass sich sein historisches Erscheinungsbild vielfaltig veranderte und sich den nationalen Gegebenheiten und Bedingungen der zum Buddhismus bekehrten Volker anpasste. Besonders ausgepragt vollzog sich dieser Prozess in Tibet, weshalb der Verlag bei der vorliegenden Herausgabe der Marchen und Legenden vom "Weisen und vom Toren" - von denen auch chinesische und mongolische Fassungen bekannt sind - absichtsvoll auf die tibetischen Texte zuruckgriff. Wie in allen Varianten, so wird auch hier Buddha als der Erzahler der weitaus meisten Marchen und Legenden eingefuhrt, die somit zu Beispielgeschichten fur ein rechtmassiges Leben umfunktioniert werden. Oberstes Gebot ist dabei das Mitleid mit allen leidenden Kreaturen und die selbstlose Hilfe fur die Bedrangten. In der unwirtlichen Umwelt der tibetischen Himalayaregion erhalten so die alten volkstumlichen Marchenmotive einen zutiefst realistischen wie humanistischen Zug. Gerade diese etwa ein Jahrtausend alte Sammlung ist dazu angetan, das Verstandnis fur die Eigenart der tibetischen Kultur und ihrer Entwicklung zu wecken, was durch die reichhaltige Bildausstattung des Werkes und durch die ausfuhrlichen Bildkommentare in besonderer Weise unterstiitzt wird.